Experten fordern globale Agrarreform

Paris - Angesichts von Nahrungsmittelkrise und Hungerrevolten fordert der Weltagrarbericht internationaler Experten eine radikale Neuausrichtung der globalen Landwirtschaft.
Die Anbaumethoden müssten weltweit geändert werden, um Arme besser zu versorgen, heißt es in einem in Paris vorgestellten Bericht. Die industrielle Landwirtschaft mit Monokultur und intensivem Einsatz von Kapital oder Pestiziden sei an Grenzen gestoßen. Die Zeit zum Handeln sei knapp.

Hamburg (ots) - Jacques Diouf, der Chef der Organisation für Nahrungsmittelsicherheit und Landwirtschaft der Vereinten Nationen (FAO), warnt angesichts der Nahrungsmittelknappheit in vielen Ländern vor einer Sicherheitsbedrohung.
"Was wir heute am Markt für Nahrungsmittel sehen, ist nur ein Vorbote", sagt er ZEIT Online. "Wenn wir alles so lassen, riskieren wir nicht nur eine nationale Katastrophe in den Ländern selbst. Das wird einen Einfluss auf die Stabilität in der ganzen Welt haben."
Diouf kritisiert vor allem die Entwicklungshilfepolitik westlicher Länder, der Europäischen Union und der Weltbank in den vergangenen Jahrzehnten. Sie seien für die aktuelle Nahrungsmittelkrise mitverantwortlich.
"Die Entwicklungshilfe für den Agrarbereich wurde von 1992 bis 2000 um die Hälfte gekürzt", sagt Diouf. "Und das, während wir zugleich betonen, dass wir vorrangig die Armut in der Welt bekämpfen wollten! 70 Prozent der Armen leben in ländlichen Gebieten, und mit der Kürzung vernichten wir ihre Lebensgrundlage."
Der FAO-Chef weist eine weit verbreitete Vorstellung bei der Weltbank und westlichen Gebernationen zurück, nach denen sich Entwicklungsländer möglichst zügig in den Weltmarkt für Agrarprodukte integrieren sollen. "Wir sollten uns zunächst einmal anschauen, was ein Land effektiv produzieren kann", sagt Diouf. "Vielleicht wird die Ernte zu 100 Prozent im eigenen Land gebraucht, oder aber nur zu 30 oder 40 Prozent."