von Theo Erlemann
Angriff der
Staats-Trojaner
Nachdem bekannt geworden ist, dass von staatlicher Seite heimische Computer mit
Trojaner-Viren infiziert werden (in diesem Falle natürlich keine
Sachbeschädigung), um das Wohl und das Glück des Volkes zu mehren, soll
zukünftig jeder verantwortungsbewusste und staatstreue Bürger in seinem
Dateiverzeichnis einen Ordner „Verfassungsschutz“ anlegen, in dem er persönliche
Daten, ein politisch eindeutiges Statement zu seiner Verfassungstreue sowie die
zur Deutschen Bank und der Volkswagen AG und eine Auflistung seiner geheimen
Obsessionen speichert.
Damit könnte die Arbeit der Behörden wesentlich
vereinfacht und beschleunigt werden.
Wie man auch erfuhr, habe Herr Otto Schily in seiner Amtszeit als Bundesinnenminister bereits erfolgreich Trojaner gegen heimische Computer im Kampf für die Freiheit (und gegen „das Böse“) einsetzen lassen. Beurteilt wurde diese Politik von SPD und CDU/CSU gleichermaßen positiv; den einzigen Schönheitsfehler, den man ausmachen konnte, war, dass dem ganzen „noch die rechtliche Grundlage fehle“.
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Man stelle sich vor, ein
Mann betrete eine Bankfiliale, ziehe seine auf einem Flohmarkt in Wassersuppe
(Brandenburg) günstig erstandene Kalaschnikow unter dem grau-beigen
Popeline-Mantel hervor, schreie „Geld her!“ und erschieße darauf (sozusagen aus
Versehen) 2 Bankangestellte und 5 Kunden; verlasse darauf mit einer grau-blauen
Sporttasche voller Geldscheinen die Filiale und - werde draußen von einer
Streife der Polizeiwache „Hölderlinstraße“ gestellt (gut, etwas unrealistisch,
das Beispiel).
Draußen erklärt der Mann
verdutzt, er brauche das Geld gerade mal eben sehr dringend, das wäre sehr
wichtig und dass dem ganzen ja eigentlich lediglich nur „noch die rechtliche
Grundlage fehle“.
Wie man sich unschwer vorstellen kann, wird das Gericht hinsichtlich seines Urteils schwanken zwischen der von der Staatsanwaltschaft geforderten Höchststrafe und der Prüfung hinsichtlich einer fehlenden Schuldfähigkeit des Täters wegen totalen Realitätsverlustes.
Nun, in der Realität ist manches anders als in der Politik. Das gilt besonders für Politiker.